Das Kaliwerk Bernterode-Schacht

Text nach Gerhard Bader, Fotos Gerhard Bader
Postkarte Bernterode - Schacht

 Postkarte Bernterode-Schacht um 1906/1910
Bernterode - Schacht 1906

 Bernterode-Schacht 1906
Die Siedlung Bernterode-Schacht liegt ca. 1,5 km südöstlich von Breitenworbis an der Bundesstraße 80 (früher Halle-Kasseler Chaussee). Sie wurde in der ersten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts geprägt durch den Abbau von Kalisalz in zwei Schächten am Ausgang des Schmalenbachtales.
Es begann am 19.April 1904 mit der Aktiengesellschaft Deutsche Kaliwerke zu Bernterode. In jenem Jahr waren bereits 128 Beschäftigte zu verzeichnen. Von Januar 1905 bis Februar 1906 entstand der erste Schacht mit Namen Preußen. Der Schacht hat einen Durchmesser von 5,25m, die Endteufe ist bei 572m. Ab 4m bis 71m Tiefe ist er mit gußeisernen Tübbingen ausgebaut, danach folgt zweisteiniges Mauerwerk.
Von Oktober 1910 bis Februar 1912 wurde im Abstand von 125m zum Schacht Preußen ein zweiter Schacht, genannt Sachsen, niedergebracht. Er hat einen Durchmesser von 3,75m, die Teufe liegt bei 587m. Der Schacht ist gleichfalls bis 166m mit den geannten Tübbingen und weiter abwärts mit zweisteinigem Mauerwerk ausgebaut.
 
Profile  Schnitt (Profil) der Schächte Bernterode I und II
(Zum Vergrößern anklicken)
Unter dem Buntsandstein ist ab einer Tiefe von ca. 400m ist jüngeres Steinsalz zu finden, der Hauptanhydrit leigt bei ca. 480-500m. Daran anschließend befinden sich Schichten von grauem Salzton und das ältere Steinsalz.
 
Beschäftigtenzahlen:
 
1908 460
1916 215
1920 882
1924 329
1927 661
1928 394
Am 22.September 1926 geht die Bernteröder AG im Wintershall Konzern (Kassel) auf.
Zum Beginn des Abbaus wurde die Wassergefahr als gering eingeschätzt. Am 8.Juli 1922 traten erstmals Laugenzuflüsse von ca. 8 L/min in Verbindung mit nicht brennbaren Gasen auf. In den Folgejahren erhöhte sich der Zufluss auf 17,5 L/min (1934). Die gesättigte Kochsalzlauge löste unter Anreicherung mit Magnesiumchlorid und Kaliumchlorid den Carnalit auf, so daß es zu Tonbrüchen, Spaltenbildungen und Pfeilerzusammenbrüchen kam.
Die Schächte mussten im Jahre 1931 wegen Unrentabilität stillgelegt werden.
 
Ab 1936 wurde das Bergwerk zur Heeresmunitionsanstalt umgebaut, im Volksmund kurz Muni genannt. Die eigentliche Produktion begann 1938. 1944/45 wurden die Stollen dann als Versteck benutzt. Die Särge der preußischen Könige Friedrich Wilhelm I. und Friedrich II. sowie die sterblichen Überreste des ehemaligen Reichskanzlers Paul von Hindenburg und dessen Frau fanden hier zusammen mit Fahnen und Standarten des kaiserlichen Heeres vorübergehend ihre Ruhe. Es folgten Akten des Auswärtigen Amtes und des Katasteramtes Kassel, die Preußische Staatsgalerie, die Bibliothek von Sanssouci, der Hohenzollern-Kronschatz, wertvolles Porzellan und 271 Gemälde.
 
Anfang April 1945 erreichten die Amerikaner die Gegend. Die 1.US-Armee brachte die Särge nach Marburg und den Hohenzollernschatz nach Frankfurt. (Hindenburgs Sarkophag liegt heute in der Marburger Elisabeth-Kirche)
 
Am 2.Juli 1945 erfolgte der Besatzungswechel, die russischen Truppen lösten die Amerikaner ab. Zwei Tage später explodierte ein Munitionszug auf dem Gelände der Fabrik mit derartiger Gewalt, daß Tagesanlagen und Fördereinrichtungen weitestgehend zerstört wurden. Der Schacht Preußen wurde im Oktober 1945 abgedeckelt, und die Munition (insgesamt 900 Tonnen, Vernichtung durch Sprengung auf einer Wiese) über den Schacht Sachsen herausgeholt.
 
1947 geht das Gelände in das Eigentum des Staates Thüringen über. Im Jahre 1951 wurde auch der Schacht II (Sachsen) abgedeckelt. Im Juli 1953 übernimmt der VEB Kali-Werk «Karl-Marx» Sollstedt die Anlage. Von September 1957 bis Oktober 1970 wird der Laugenspiegel gemessen (siehe auch Profil!) und die Schachtanlage als Material- und Wetterschacht für das Kali-Werk Sollstedt benutzt.  
 
Schacht Preußen 1970 Schacht Preußen 1970
 
Rettungsbombe Schacht Sachsen Mai 1996 Rettungsbombe Schacht Sachsen Mai 1996
 
  Gerhard Bader: «Das Kaliwerk Bernterode im Spiegel der Geschichte», in: eichsfeld (Monatszeitschrift) Heft 2 (1995)
Thüringer Allgemeine, «Könige machten im Schacht unfreiwillig Station», 17.Juli 1999